Ich werde immer wieder gefragt: Was sind eigentlich deine Lieblingsorte in Berlin? Wo ist es besonders schön? Mir fällt eine Antwort in aller Regel schwer, weil ich eben in die ganze Stadt verliebt bin. Besonders mag ich aber die grünen, die ruhigen Orte – abseits des Mainstreams. Deshalb habe ich die mit dieser Tour eine Route entlang der (zumeist) schönsten Orte Berlins zusammgestellt. Natürlich kommt auch Berlins Geschichte in dieser Tour nicht zu kurz.

Wir starten an der Klosterstraße (U-Bahnlinie 2), für die Tour benötigst du einen Tag. Wir werden viel laufen und nur ganz wenig öffentliche Verkehrsmittel bemühen.

Schon der U-Bahnhof Klosterstraße ist sehenswert: Dir wird besonders die Breite des Bahnsteigs auffallen, denn hier war mal eine weitere Linie nach Friedrichshain geplant. Die verfüllten Bahnsteigkanten in der Mitte sind noch gut zu erkennen. Das Modell eine U-Bahn am Ende des Bahnsteigs soll daran erinnern. Wieder oben angekommen empfängt uns die Parochialkirche mit ihrem Glockenspiel im Turm, wir biegen in die Parochailstraße ein und laufen direkt auf die Letzte Instanz zu – ihren Namen hat sie vom Gerichtsviertel, in dem wir uns gerade befinden. Hier kannst du wunderbar Berliner Küche genießen. Rechts und links der Instanz siehst du Mauerreste: eine Berliner Mauer, aber nicht die Berliner Mauer – es sind die Reste der alten Berliner Stadtmauer, wir sind im historischen Kern des alten Berlins.

Wir folgen der Waisenstraße bis wir vor der Ruine der Franziskaner Klosterkirche stehen. Die Ruine weist auf ein großes Klostergelände im Herzen des alten Berlins hin. Hier stand zum Beispiel Berlins erste Druckerei. Mit der Reformation in Berlin 1539 wurde das Kloster aufgelöst Im Krieg wurden die Gebäude des Klosters und die Kirche zerstört, heute dient die Ruine als Mahnmal.

Wir biegen nun in die befahrene Grunerstraße ein und gelangen zum Molkenmarkt. Er ist der älteste Platz Berlins mitten im historischen Kern der Stadt. Links von uns sehen wir das Alte Stadthaus Berlin. Ab 1960 war das Gebäude Amtssitz des DDR-Ministerrats. Ab 1992 waren hier zwei Berliner Außenstellen der Bonner Bundesregierung untergebracht.

Historische Mitte des alten Berlins

Wir stehen in der historischen Mitte Berlins, das einst aus zwei Städten – Köln und Berlin – zu einer Stadt verschmolzen wurde. Der Molkenmarkt ist das Herz von Berlin, die Fischerinsel gegenüber war das Herz von Köln (letztere fällt heute nur noch durch ihre markanten Platten-Hochbauten auf). Wenn wir vor dem Zweiten Weltkrieg hier gestanden hätten, wären wir im Mittelpunkt einer quirligen Altstadt gelandet – mit alten kleinen Häusern und Kirchtürmen ringsherum. Die Parochailkirche und die Klosterkirche kennst du schon. Zwischen der Einkaufspassage und dem Roten Rathaus siehst du noch heute die Marienkirche. Links davon erheben sich die Türme der Nikolaikirche. Und gäbe es noch das alte Köln würdest du auch heute noch statt Platte die Türme der Petrikirche sehen, sie ist aber Krieg und Sozialismus zum Opfer gefallen. Dazu erfährst du auch mehr in meiner Tour durch die frühere sozialistische Hauptstadt der DDR.

Zentrum der Deutschen Mark

Gegenüber, auf der anderen Straßenseite der Stralauer Straße, erreichen wir die Alte Münze Berlin. Bereits in den 1930er Jahren wurden hier die Reichsmark-Münzen geprägt, Ende 1947 begann hier die Prägung von 5- und 10-Pfennig-Stücken der neuen DDR-Währung. Schon kurz nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990 zwischen der noch existierenden DDR und der Bundesrepublik begann dann hier die Produktion von D-Mark-Münzen und später 1999 sogar die von Euro-Münzen. Ende 2005 war dann aber Schluss – heute ist die Alte Münze ein Zentrum von Kunst und Kultur mit wechselnden Ausstellungen. Für einen Zwischenstopp empfehle ich dir das schöne kleine Café The Greens & Plants.

Auf der Rückseite der Alten Münze gelangen wir nun zur Spree und blicken auf die Mühlendammschleuse. Wir folgen links dem Rolandufer bis zur Jannowitzbrücke. Wir blicken auf das gegenüberliegende Ufer: Dort fühlen wir das „maritime Flair“ der Stadt Berlin, die durch ihre zahlreichen Brücken und Wasserstraßen geprägt wird. Hier findet sich auch der historische Hafen Berlins.

Historischer Hafen und maritimes Flair

Angekommen an der Jannowitzbrücke lädt eine kleine Strandbar zum Verweilen ein oder um sich für eine Tour mit dem Schiff über Spree und Landwehrkanal bereit zu machen. Der Schiffsanleger ist übrigens der Stumpf der alten Waisenbrücke, die hier zum gegenüberliegenden Rolandufer führte, von dem wir gerade kommen. Auch dort sind die Reste der Brücke noch zu sehen, die Brücke wurde von der DDR beseitigt.

Bevor wir von der Jannowitzbrücke weiterziehen, solltest du den Abstecher zum historischen Hafen machen, wenn du mehr Zeit mitbringst und dich tiefer über die Stadtgeschichte Berlins informieren möchtest, empfehle ich das Märkische Museum (Aktuell geschlossen und in einer grundlegenden Sanierung). Direkt vor dem Museum wird dir ein Bärenzwinger auffallen: Jahrzehnte lang lebten hier verschiedene Bären – das Symbol und Wappentier der Stadt Berlin. Bärin Schnute verstarb am 11. Oktober 2015. Zukünftig wird es keine lebendigen Bären mehr im Bärenzwinger geben.

Von der Jannowitzbrücke aus folgen wir nun der Brückenstraße – rechts sehen wir zuerst die chinesische Botschaft, bald danach deutlich kleiner und weniger bewacht Gitti‘s Bierbar, ein Relikte alter Kiez-Kneipenzeit mit ganz viel Charme. An der Kreuzung U-Bahn Heinrich-Heine-Straße biegen wir links in die Köpenicker Straße ein. Zugegeben: Weniger sehenswert 😊 Nimm gerne für zwei Stationen den Bus (147, 265) bis zum Bethaniendamm. Wenn dich der Charme bröselnder Fassaden und der Graffitis nicht verschreckt und du eine Zeitreise ins Jahr des Mauerfalls 1989 unternehmen willst, dann bitte laufen und nicht fahren.

Hausbesetzung und Straßenkämpfe

Am Bethaniendamm angekommen blicken wir rechts auf die Thomaskirche, auf sie bewegen wir uns nun zu, bis rechts das Baumhaus von Osman Kalin mit seinem Garten auftaucht. Hier war zu Zeiten der Teilung die Mauer, die der Biegung des Bethaniendamms folgt. Dadurch lag das Gelände des Gartens zwar geografisch im Osten, war aber hinter der Mauer und damit nur von der Westseite zu erreichen. Der kluge Osman Kalin nutze die Gunst der Stunde. Wir laufen rechts an der Thomaskirche vorbei und gelangen zum Mariannenplatz – historisches Zentrum der Demos in den 80er rund um die Hausbesetzungen und Straßenkämpfe und wahrscheinlich Denkzentrum von Ton Steine Scherben. Sehenswert ist das Künstlerhaus Bethanien mit dem daneben liegenden Rauch-Haus. Im Bethanien solltest du eine der wechselnden Kunstausstellungen besuchen und einen Blick in die Fontane-Apotheke werfen.

Der Luisenstädtische Kanal

Wir kehren zurück zum Bethaniendamm und stoßen schon auf das Engelbecken – eine Teichanlage mitten in der Stadt. Die Anlage ist ein historisches Relikt und war früher Teil des Luisenstädtischen Kanals, der die Spree mit dem Landwehrkanal verbunden hat. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Kanal errichtet, doch schon bald kaum noch genutzt, das Gefälle zwischen Spree und Landwehrkanal war zu gering und er verschlammte immer mehr, bis der Kanal dann 1926 zugeschüttet wurde. Schon damals entstanden zwischen den alten Kanalmauern Schmuckbecken, Gartenanlagen und Spielplätze.

Neben dem Engelbecken habe ich zwei Restaurant-Tipps für dich rechts und links des früheren Kanals: rechts die Henne, ein urtypisches Berliner Restaurant mit dem wirklich besten Geflügel und auf der anderen Seite die frühere kleine Markthalle.

Wir folgen nun dem früheren Kanal bis zu seiner „Mündung“ in den Landwehrkanal im Süden. Dabei überqueren wir unter Anderem den sehenswerten Oranienplatz. Wenn du hier einen Abend verbringen willst, empfehle ich dir die frühere Apotheke am Oranienplatz, heute Weinbar und Restaurant Ora (die alte hölzerne Einrichtung ist noch erhalten), Deutsche Küche aus dem Klinke Berlin oder den Kuchen-Kaiser, bei dem es nicht nur Kuchen gibt. Wenn du mehr über Kreuzberg erfahren möchtest, empfehle ich dir auch meine Tour durch Kreuzberg 36, die hier auch vorbeikommt.

Lauer Sommerabend am Wasser

Am Landwehrkanal angekommen weitet sich der Blick über den Urbahnhafen und wir folgen dem Ufer nach links bis zur Admiralbrücke. Hier verbringen gerade jüngere Gemüter die lauen Sommerabende am Wasser auf der Brücke, die zahlreichen fast wie eingeschmolzenen Kronkorken auf der Admiralbrücke sind stumme Zeugen launig-fröhlicher Bierabende, deren laute Geselligkeit bei der Nachbarschaft nicht immer Freude findet.

Entspannter geht es am Planufer und Landwehrkanalufer auf der Südseite zu, hier folgen wir dem Wasser bis zum Restaurantschiff Van Loon. Von hier aus biegen wir links ab und folgen Baerwaldstraße und Blücherstraße bis zum Südstern. Damit verlassen wir Kreuzberg 36 – die Nummer 36 steht für den Postleitzahlbezirk von Kreuzberg 36 zur Zeit der Teilung der Stadt. Nun lernst du auch noch Teile des gediegeneren Kreuzberg 61 kennen. Für Kreuzberg 61 gibt es überigens auch eine eigene Tour in meinem Blog durch den Bergmannkiez.

Südstern und Hasenheide

Hier am Südstern angekommen wirst du eine Pause benötigen, deshalb empfehle ich dir ein Eis zwischendurch im Eiscafé Delfin. Wer es zünftiger mag, kann schräg gegenüber das Brauhaus Südstern aufsuchen und ein Helles bestellen. Wir sind nun direkt in der Straße Hasenheide, die am gleichnamigen Volkspark Hasenheide liegt. Der Park bietet viel grünen Freiraum für Spaziergänge, auch der Tierpark Neukölln in der Hasenheide macht Spaß, besonders für Familien mit Kindern. Hier kannst du nochmal richtig Zeit verbringen und solltest wiederkommen.

Neukölln ist multikulturell und multireligiös: Der Sri Ganesha Hindu Tempel am östlichen Rand der Hasenheide in Neukölln ist eine Anlage, die nicht nur gläubigen Hindus, sondern auch anderen Interessierten offen stehen soll: Ein „Raum der Zusammenkunft“ und eine religiöse Begegnungsstätte. Wir folgen nun aber der Lilienthalstraße am westlichen Rand der Hasenheide entlang der zumeist hohen Friedhofsmauern des Alten Luisenstädtischen Friedhofs. Historisch interessant ist die Ehrenhalle an der Hasenheide links. Auch ein Besuch dieser Friedhöfe lohnt bei Gelegenheit, zum Beispiel auch mit einer Pause im Friedhofscafé Strauss. Früher haben hier die Toten auf ihre Beerdigung gewartet, dein Kaffee geht heute schneller, versprochen.

Der Bergmannkiez als Ziel unserer Tour

Vor uns sehen wir bald den früheren Flughafen Tempelhof mit seinem Radargebäude, wir biegen aber rechts ab in die Golßener Straße und in die Jüteborger Straße – bis wir im quirligen Bergmannkiez in die Fidicinstraße gelangen. Bergbau hat es im Bergmannkiez aber nie gegeben. Seinen Namen erhielt der Kiez durch die Bergmannstraße von Marie Luise Bergmann, die rund um die Straße Ländereien besaß. Vorher hieß die Straße noch Weinbergsweg, denn am Anfang des 19. Jahrhunderts zogen sich Weinberge bis hoch zum Tempelhofer Berg.

Apropos: Folgen wir der Fidicinstraße es gibt viel zu sehen, zum Beispiel rund um den Chamissoplatz, auf den wir zulaufen: tolle restaurierte Altbauten aus der Gründerzeit, Berlin von seiner schönsten Seite. Rechts fällt uns der Wasserturm mit seiner roten Fassade auf und schräg links gegenüber solltest du eine Pause im Kleinen Weinstock (Nummer 8a) einlegen. Dis Hausweine kann ich dir sehr empfehlen, lass dich einfach vor der Tür an der Straße nieder und lass den guten Tropfen dir munden.

Wenige Meter weiter rechts in der Straße Am Tempelhofer Berg versteckt sich eine Köstlichkeit für Fans: Die Spirituosenbrennerei Mampe hat hier ihre neue Heimat gefunden. Alle Tropfen darfst du zu den Öffnungszeiten probieren – empfehlenswert auch der Blick in die Destillerie. Am Ende des Tempelhofer Bergs treffen wir nun auf die belebte Bergmannstraße. Hier endet unsere Tour durch die (zumeist) schönsten Orte Berlins – du wirst noch viel entdecken, wenn du der Straße folgst. Meine Highlights habe ich dir in eine eigene Tour gepackt – hier findet du den Weg durch den Bergmannkiez, auch mit vielen kulinarischen Tipps.