Heute möchte ich dich durch einen Kiez führen, der am Wochenende in aller Regel von Touristen überfüllt ist. Dennoch bietet Friedrichshain zwischen Warschauer Straße und Ostkreuz mehr als Bars und Musikkneipen – es gibt einiges, das diesen Kiez so lebens- und liebenswert macht. Auf meinem Spaziergang durch das Viertel wirst du kleine Läden, kleine Cafés und Kuriositäten entdecken, die nicht in erster Linie auf Touristen setzen. Wichtiger Tipp: Bring eine große Tasche mit, es geht auch auf Shopping-Tour 😉
Für diese Tour solltest du einen Tag einplanen, zumindest wenn du hier und da mal einkehren möchtest. Ich empfehle einen Wochentag, weil dann die vielen kleinen Läden geöffnet haben. Und bitte keinesfalls am Freitag oder Samstag, gegen Abend hast du dann nichts mehr davon. Der Spaziergang durch Friedrichshain ist natürlich nicht vollständig – weitere Tipps von mir findest du, wenn du hier nach Friedrichshain suchst.
Meine Tour durch Friedrichshain bis zum Ostkreuz zeigt auf jeden Fall: Dieser Kiez ist immer noch im Wandel. Ständig was Neues – in meinem Blog bemühe ich mich die empfehlenswerten „Konstanten“ zu zeigen, abseits meines Weges werden sich vermutlich noch viele neue Entdeckungen machen lassen. Wir starten mit unserer Tour am U-Bahnhof Frankfurter Tor, den du mit der U5 erreichst.
Das Frankfurter Tor: ein architektonisch beeindruckender Platz am östlichen Ende der Karls-Marx-Allee, die früher hier noch Stalinallee hieß. Die Führung der DDR ließ sich wohl nicht nur beim Namen von Moskau inspirieren, schließlich wurde diese überaus breite Straße auch für Aufmärsche und Paraden genutzt, um Ost-Berlins Machtanspruch Hauptstadt zu sein, Nachdruck zu verschaffen. Der Prachtboulevard zieht sich über zwei Kilometer schnurgerade Richtung Westen, an den beiden Straßenseiten flankiert von fünf großen Wohnblöcken mit bis zu 13 Stockwerken. Die beiden Kuppeln des Frankfurter Tores sind den Kuppeln auf dem Gendarmenmarkt nachempfunden. Der Name geht auf das ursprüngliche Frankfurter Thor zurück – das lag aber rund 800 Meter weiter westlich, von ihm ist heute nichts mehr zu sehen. Das Café Sibylle gleich um die Ecke erzählt dir die Geschichte der Gebäude, die fast schon in den 50er Jahren zum Ende der DDR hätte führen können. Wenn du etwas Zeit hast, empfehle ich dir den Besuch dort, das Café ist quasi zugleich ein kleines Museum.
Hier vom Frankfurter Tor kommst du übrigens mit der Straßenbahnlinie M10 direkt zur Warscher Brücke (Endstation). Man nennt die M10 deshalb gerne auch die Party-Tram, denn sie fährt den Touristenstrom an den Nächten der Wochenenden direkt auf die Warschauer Brücke – von hier starten die Partyhungrigen ins Nachtleben und schwärmen in die Kneipen und Clubs aus, zum Beispiel auch ins berüchtigte Berghain. Wir laufen vom Frankfurter Tor wenige hundert Meter Richtung Osten und biegen rechts in die Niederbarnimstraße ein.
Wir betreten damit quasi den Kiez. Rechts und links flankiert von schönen Altbauten, teils noch nicht fertig saniert, die Straße hat so noch etwas Ursprüngliches bewahrt, viele Studenten leben (noch) hier. Auf der linken Straßenseite erreichen wir ein kleines süßes Café, das ich dir unbedingt empfehlen möchte: Das Chouquette überzeugt,mit süßen Überraschungen und wechselnden Kuchen. Schräg gegenüber wartet eine ganz andere gepfefferte Überraschung auf dich: Das Pfefferhaus ist hier zu Hause mit vielen Gewürzen und scharfen Saucen, die du alle probieren darfst. Unbedingt empfehlenswert, wenn du deiner Küche mal ein bisschen Feuer machen willst.
Wir folgen der Straße bis zur Kreuzung Boxhagener. Wenn du mal russisches Craftbeer probieren möchtest, empfehle ich dir das Protokoll , wenn du rechts einbiegst, auf der rechten Straßenseite. Sympathischer Laden mit enorm vielen Bieren vom Hahn – aber keine Angst, Craftbeer wird dir auf dieser Tour noch öfter begegnen. Zum Beispiel gleich schräg gegenüber vom Protokoll – dort kannst du im Getränkefeinkost ein gepflegtes Wegbier erwerben, so wie es sich für Berlin angeblich gehört. Wenn es dir für Bier noch zu früh am Tag ist, dann folgen wir weiter der Simon-Dach-Straße bis zur nächsten Kreuzung (Grünberger Straße), ein paar Schritte rechts in die Grünberger hinein erwartet dich die Espressobar La Tazza D’Oro.
Nun befinden wir uns schon mitten im Simon-Dach-Kiez, eine der Partymeilen Friedrichshains, wochenends überfüllt von Besuchern, Englisch, Spanisch – alles ist vertreten. Manche kommen mit dem Flieger nach Berlin, machen hier die Nacht durch und fliegen am nächsten Tag wieder nach Hause, heißt es. Der Simon-Dach-Straße hat das nicht gut getan, ist meine Meinung. Was soll ich auch zum Beispiel von einer Kneipe erwarten, die weiß, dass sie ihre Kunden sowieso nie wieder sieht?
Eine ganz neue Institution möchte ich dir dennoch empfehlen: Das Aprilkind in der Hausnummer 15 ist eine feine, noch recht frisch eröffnete Café-Bar.
Wir folgen der Simon-Dach-Straße weiter bis wir auf die Revaler Straße treffen: Vor uns liegt das RAW-Gelände. Seinen Namen hat es vom früheren Reichsbahnausbesserungswerk Berlin. Von der „Urban Spree“-Kunst bis zum Austausch für Kulturschaffende, das Gelände bietet interessante alternative Einblicke. Dahinter steht ein gemeinnütziger Verein, der RAW-tempel e.V. – viele Veranstaltungen für Familien und Partys für die Nachtschwärmer gibt es hier auf dem Gelände.Tagsüber ist es hier noch eher ruhig – aber das kannst du mit der „Teledisco“ ändern, dem kleinsten Club der Welt – in einer alten Telefonzelle. Geld einwerfen, Lied von Spotify wünschen und schon beben die Beats und leuchten die Discokugeln. Auf dem Gelände findet sich auch die Hausbrauerei Schalander, die sehr gutes Bier zu bieten hat – aus eigener Herstellung natürlich!
Nach einem kleinen Spaziergang über das RAW-Gelände biegen wir von der Revaler Straße in die Dirschauer Straße ein – wir laufen die Straße hinauf, bis wir auf die Wühlischstraße treffen. Die Wühlisch ist eine der vielfältigsten und interessantesten Straßen auf unserer Tour durch den Kiez, hier wird ganz gewiss jeder auf seinen Geschmack kommen, versprochen!
Wir starten in der Hausnummer 32: Eine kleine Bar stimmt dich auf den Kiez ein: Love in another language – 15 Biere on tap aus Berlin und Umgebung, kombiniert mit sehr freundlichem Service erwarten dich hier. Wir bleiben jetzt auf der linken Straßenseite und laufen Richtung Osten zurück. Kuchen im Glas gibt es da gleich nebenan in der Hausnummer 30 bei Olivia – Schokoladen & Tartes. Ja, und die Tartes kann ich sowas von empfehlen, lecker! Und wenn du schon jetzt größeren Hunger verspürst, dann bekommst du an der Ecke nebenan Berliner Küche: Im Speisehaus erwartet dich eine Küche, wie du sie von zu Hause kennst, ganz bodenständig, regional, aber mit Pfiff.
Gestärkt geht es weiter zur Hausnummer 24: Im Stadtengel findet jeder etwas: Wohnaccessoires, Geschenke, Artikel für Küche und Bad, Spielzeug und Kinderbekleidung oder schicke Wandsticker – der Mix macht’s eben, behaupten die Inhaber über ihren Laden. Und gleich nebenan kommen wir zu einer der schönsten kleinen Brauereien Berlins: Hops & Barley. Bekannt ist die Brauerei zum Beispiel für ihr Friedrichshainer Pilsner, ein untergäriges Vollbier. Naturtrüb, also nicht filtriert, mit einer Spur vom Aromahopfen aus Tettnang am Bodensee. Sonntags kannst du hier den Tatort auf Leinwand verfolgen und natürlich auch das ein oder andere Fußballspiel. Viele Craftbeer-Brauer aus Berlin kommen zu Hops & Barley, um hier ihr eigenes Bier zu brauen.
Wir müssen nun etwas zurück, um an der Kreuzung rechts in die Gärtnerstraße einzubiegen. In dieser Straße möchte ich dir gleich wieder zwei süße Läden in der Hausnummer 28 empfehlen, die du unbedingt besuchen solltest. Einmal die Küchenliebe – die Inhaber suchen aus der ganzen Welt die besten Kochartikel für dich zusammen. Jedes Produkt im Laden wurde selbst geprüft. Auch das Schwesterherz nebenan verspricht dir beste Qualität. Im Schwesterherz bekommst du aufwändige Verpackungen, Dekorationen, besondere Geschenke, tolle Papiere und Schreibwaren. Du wirst ganz bestimmt etwas für dich finden 😉
Kiez-Leben am Boxhagener Platz
Etwas weiter laufen wir direkt auf den Boxhagener Platz zu, den „Boxi“, wie ihn alle liebevoll nennen. Hier empfehle ich dir den Wochenmarkt samstags, vor allem aber den Flohmarkt am Sonntag – für mich einer der schönsten Flohmärkte Berlins, rund um den Boxhagener Platz. Bevor wir den Platz umrunden, möchte ich dich rechts noch auf einen feinen Geschenkeladen aufmerksam machen: Victoria met Albert in der Kossener Straße – auch hier lohnt sich ein Besuch nicht nur für Shopping-Begeisterte. Wir bleiben französisch eingestimmt und folgen der Gärtnerstraße etwas weiter bis zur Nummer 13: Bei Macrons de Stéphane bekommst du eine feine handgearbeitete französische Spezialität: Macrons in allen Farben, Früchten und Geschmack. Und etwas weiter an der Ecke des Boxis kann ich dir für einen Zwischenstopp das Café Szimpla empfehlen – die einen trinken hier einen Kaffee, die anderen eben ein Craftbeer – ist doch praktisch. Das Craftbeer wird übrigens im Labor ausgeschenkt, auch sehr sehenswert!
Wenn du dich vielleicht auf dem Flohmarkt eingestimmt hast und danach noch etwas frühstücken möchtest, dann empfehle ich dir das weder gestern noch morgen in der Hausnummer 22, übrigens auch mit anatolischen Frühstücksspezialitäten. Liebevoll eingerichtet mit ein bisschen Trödelmarktflair.
Folgen wir der Gärtnerstraße bis zur Nummer 19, wieder ein kurioses Café, aber Achtung: Kein Kino! So heißt der Laden, aber er ist eben doch ein bisschen Kino: Hier sieht es aus wie im Filmmuseum: Filmrollen, mehrere Projektoren – und in einem weiteren Raum kannst du in einer riesigen DVD-Sammlung stöbern, Kaffee trinken oder Filme ansehen, die mit einem Beamer an die Wand projiziert werden.
Wir biegen nun rechts in die Boxhagener Straße ein und folgen ihr, bis wir wieder einen kleinen grünen Platz entdecken: Hier am Wismarplatz findet sich ein Spielplatz, wir lassen ihn trotzdem links liegen und folgen nun rechts der Gryphiusstraße, bis wir wieder auf die Wühlischsstraße treffen. Wir sind jetzt hier direkt am Wühlischplatz, seine kleine Attraktion ist der Nilpferdbrunnen. In der Holteistraße direkt am Platz steht eine alte Turnhalle. Klimmzüge kannst du hier heute aber nicht mehr machen – in die Turnhalle ist ein Restaurant mit Biergarten eingezogen. Trotzdem sieht die Halle von innen noch immer so aus, als solltest du gleich mit dem Sport beginnen.
Wir machen aber gerade das Gegenteil und folgen der Wühlischstraße nochmal Richtung Osten – auf der Suche nach Lakritze und Süßigkeiten, wie sie einfach jeder gerne mag. Herr Nilsson versüßt dir das Leben mit skandinavischen Godis: Süßes, Saures und Lakritze mit Einheitspreis und Selbstbedienung. Wir biegen danach rechts in die Lenbachstraße ein und nähern uns dem Ende unserer Tour. Wir laufen direkt auf das Ostkreuz zu. In der Hausnummer 17 noch eine Kuriosität: Die Kneipe Margarete F. lockt auch Herren Richtung Damentoilette – aber bitte kurz vorher links abbiegen. Dort steht ein Klavier und es kommt immer wieder vor, das Gäste hier ein kleines Konzert geben 🙂
Keine meiner Touren endet ohne eine Empfehlung fürs Abendessen: Heute schicke ich dich in die mediterrane Küche der Auszeit am Ostkreuz. Sehr zu empfehlen! Es ist sinnvoll. vorher einen Tisch zu reservieren. Die Auszeit ist in der Neuen Bahnhofsstraße – und wenn du gut gegessen hast, solltest du wenige Meter weiter in eine meiner Stammkneipen am Ostkreuz einkehren. Als Freund des Craftbeers empfehle ich dir natürlich das Straßenbräu – die jungen Braumeister sind kreativ und bieten dir unzählige ständig wechselnde Kreationen vom Hahn. Alternativ lohnt sich ein Besuch der Zukunft Ostkreuz – hier auf der anderen Seite der Schienen erlebst du noch ein sehr ursprüngliches Berlin, so wie kurz nach dem Fall der Mauer 1989. Und wenn dir das alles als Abendprogramm nicht reicht, dann als Absacker bitte noch einen guten Whisky aus dem Perro Loco genießen – grüß bitte die englische Bulldogge mit dem unscheinbaren Namen Whisky von mir 😉