So viel von dem, was du vielleicht schon von Berlin gehört hast, spielt im Ortsteil Schöneberg – meine Tour durch das alte Schöneberg führt dich an allem vorbei: Hier hat der frühere amerikanische Präsident John F. Kennedy am Schöneberger Rathaus die Worte “Ich bin ein Berliner” gesprochen – überall auf der Welt zitiert. David Bowie hat hier Musikgeschichte geschrieben, denn in der Schöneberger Hauptstraße hatte Bowie seine Wohnung und einige Zeit gelebt. Und wer Berlin mit queer verbindet, dürfte in Schöneberg auf seine Kosten kommen – hier ist der angesagte Regenbogenkiez.
Für diese Tour solltest du einen Tag einplanen, wir schauen uns zu Fuß viele Highlights Schönebergs an und fahren auch mit der U-Bahn: Die U4 vom Nollendorfplatz bis Innsbrucker Platz ist Berlins kürzeste U-Bahnlinie und sowas wie die Hausbahn im Kiez – mit sehenswerten Bahnhöfen.
Wir starten unsere Tour am S-Bahnhof Innsbrucker Platz und kommen später auch wieder hierhin zurück. Ich empfehle zunächst den Fußweg zu machen – denn so geht’s leicht bergab und zurück mit der U-Bahn. Der Innsbrucker Platz ist bequem mit der Ringbahn zu erreichen. Wir biegen hier erstmal in die Hauptstraße ein, die uns heute noch oft in Schöneberg begegnen wird – gleich links geht’s in die Martin-Luther-Straße, diesen Abzweig nehmen wir. Dieser Straße folgen wir eine Weile bis wir linker Hand viel Grün entdecken: Der Rudolph-Wilde-Park, ein Teil des Volksparks.
Wer jetzt schon eine kleine Pause benötigt, einen guten Kaffee oder ein Craftbeer genießen will, der macht einen Zwischenstopp in einem sehr sympathischen Bauwagen-Café. Das Laax schenkt dir bei gutem Wetter Kaffeespezialitäten, hausgemachte Zitronenlimo, Berliner Flaschengetränke und frisch gepresste Säfte aus – sehr zu empfehlen und mitten im Grünen. Einige Meter weiter kommst du unübersehbar am Goldenen Hirschen vorbei. Er wacht über den Park und über all jene, die gleich zu seinen Füßen jeden Sonntag um 10.30 Uhr hier Sport machen – das Motto lautet dann „Schwitzen im Park“ – na gut, wer’s mag! Ich würde ja lieber in den Biergarten einkehren, denn er ist der Platzhirsch hier im Park. Gleich hinter dem Biergarten siehst du schon das Rathaus Schöneberg.
„Ich bin ein Berliner.“ Mit diesem legendären Satz hat hier der frühere amerikanische Präsident John F. Kennedy Geschichte geschrieben. Das Rathaus war seit 1949 der Amtssitz des Regierenden Bürgermeisters von Berlin – damals noch West-Berlin – bis 1991. Hier war das Bezirksparlament zu Hause und vor dem Rathaus fanden wichtige Kundgebungen und Demonstrationen statt. Heute ist es hier deutlich ruhiger geworden – nur am Wochenende nicht, denn dann empfehle ich dir den Trödelmarkt auf dem Platz vor dem Schöneberger Rathaus.
Direkt vor dem Rathaus biegen wir nun auch in die Belziger Straße ein, rechts haben wir schnell den Heinrich-Lassen-Park – Schöneberg hat wirklich viel Grün zu bieten. Kurz danach geht es rechts in die Eisenacher Straße: Etwas unerwartet empfehle ich dir hier Carlos Tapas Bar – faire Preise und eine gute Küche. Ansonsten führt uns der Weg nun zurück zur Hauptstraße, in die wir links einbiegen. Bald gelangen wir auf der linken Seite nach Italien – kein Witz, denn das Viani Schöneberg bringt dir Feinkost aus Bella Italia, empfehlenswert!
Die Freude am italienischen Lebensgefühl lässt sich aber noch steigern: Deshalb schlendern wir jetzt die Akazienstraße links hinauf und erlauben uns einen Bummel durch den Akazienkiez. Besonders empfehlen möchte ich dir Terra Verde, am Ende der Akazienstraße rechts, ein wirklich feiner kleiner Laden mit italienischer Kost oder auch die alt bekannte Kiez-Kneipe mit Tradition, die Möve im Felsenkeller. Sobald wir wieder zurück auf der Hauptstraße sind, folgen wir dem ursprünglichen Weg und etwas weiter erreichen wir auf der rechten Seite schon David Bowies Appartement – eine Pilgerstätte für alle seine Fans.
Weiter geht’s entlang der Hauptstraße bis zum U-Bahnhof Kleistpark: Hier überrascht uns ein alter Schienenbus – nicht unterirdisch, sondern direkt oben an der Kreuzung als Train Cocktailbar. Die frisch zubereiteten Cocktailkreationen in dem umgebauten S-Bahn-Wagen sind eine Ansage. Gleich gegenüber biegen wir in die Grunewaldstraße ein – an die Zeit der Pogrome an Juden und Polen erinnern hier kleine Tafeln am Straßenrand. Bald biegen wir rechts in die Goltzstraße ein. Bei Mamsell gleich auf der linken Seite gönnen wir uns erstmal Schokolade und einen heißen Kaffee – dazu kannst du zwischen den vielfältigen Accessoires noch eine Entdeckung machen. Gleich gegenüber tauchst du kulinarisch ein in griechische Lebensweise: Bei Pikilia bekommst du den Genuss von Olivenölen bis griechischen Weinen.
Wir folgen der Straße weiter bis zum Winterfeldtplatz – den solltest du am besten an einem Markttag besuchen. Mittwochs und samstags haben die Stände auf dem Winterfeldtplatz geöffnet und das bei fast jedem Wetter. Du findest Erwartbares und Delikatessen, alles von Trödel bis zu Gewürzen und selbstgemachten Senf. Wir folgen nun der Maaßenstraße bis zum U-Bahnhof Nollendorfplatz.
Vom Nollendorfplatz – dem „Nolle“-Kiez – gelangst du in das queere Zentrum Berlins: Hier etablierte sich bereits in den Goldenen 20er Jahren die schwul-lesbische-Community. Bekannt war das „Eldorado“ in der Motzstraße mit Gästen wie Marlene Dietrich, Claire Walldorf und Christopher Isherwood. Noch heute findest du in dieser Straße bevorzugt LGTBQIA+-freundliche Lokalitäten.
Wir steigen hier in die U-Bahnlinie 4 – die kürzeste U-Bahnlinie Berlins – und müssen zu den beiden unterirdischen Bahnsteigen, sie liegen übereinander und sind durch Treppen miteinander verbunden. Die Linie umfasst nur fünf Stationen und ist rund 3 Kilometer lang. Warum? Als die Stadt Schöneberg, die 1903 noch nicht zu Berlin gehörte, eine Untergrundbahn bauen wollte, stieß man bei der Berliner Hochbahngesellschaft auf taube Ohren. So nahm die Stadt die Sache selbst in die Hand und baute die erste kommunale U-Bahn in Deutschland.
Erster Halt: Viktoria-Luise-Platz
Bauten aus der Gründerzeit erwarten uns hier an diesem schmucken Viktoria-Luise-Platz. Prinzessin Viktoria-Luise soll hier mal gewohnt haben, deshalb reicht die Eleganz des Platzes wohl noch bis in die heutige Zeit. Obwohl wir tief im Westen Berlins unterwegs sind, wird es hier nun russisch: Das Restaurant Potemkin bietet dir russische Klassiker, Frühstück und gute Küche – im Stile eines Meereskreuzers.
Zweiter Halt: Bayerischer Platz
Der Platz hat seinen Namen nach seinem Kiez – wir sind im bayerischen Viertel. Die Station wirkt etwas klobig uncharmant, der Platz ist dafür umso schöner. Ich empfehle dir hier das Restaurant Goldener Stern – von einer zünftigen Brotzeit, über einen Salat bis zur bayerischen Küche bekommst du hier genau das, was dein herz begehrt.
Den nächsten Halt macht die kürzeste U-Bahnlinie Berlins nun am Rathaus Schöneberg – aber das kennst du ja schon, die Location wurde oben beschrieben.
Letzter Halt: Innsbrucker Platz
Viel Verkehr: Der große Platz ist Verkehrsknotenpunkt, unübersichtlich und vom Lärm der Autos geprägt. Hier endet auch Schöneberg – hinter diesem Platz beginnt Friedenau. Aber keine Tour in meinem Blog soll zu Ende gehen ohne einen schönen Kneipentipp zum Ausklang: Die Gaststätte Willi Mangler in der Hauptstraße 57 mit ihrer ungewöhnlichen Decken-Deko ist ein Tipp, den ich dir ans Herz lege, wenn du Kiezkneipen liebst. Hier treffen sich die Schöneberger, um Doppelkopf zu spielen oder gemeinsam am Sonntagabend „Tatort“ oder „Polizeiruf“ zu schauen.