Weißensee ist wohl einer der unterschätzten Stadtteile Berlins, vielen nur bekannt durch die gleichnamige ARD Fernsehserie Weißensee, sie erzählt das Schicksal der Familien Kupfer und Hausmann zu Zeiten der DDR, der friedlichen Revolution und der Einführung der D-Mark im Osten Deutschlands. Berlin-Touris verirren sich immer noch selten nach Weißensee, dabei lohnt sich ein Spaziergang durch Weißensee durchaus.

Unsere Tour startet mit dem Bus 200, du fährst am besten bis Michelangelostraße (Endstation). Zusteigen kannst du am Alexanderplatz, aber auch am Potsdamer Platz oder am Zoologischen Garten. Dann dauert die Anreise natürlich deutlich länger, dafür hast du noch eine schöne Stadtrundfahrt. Für den Spaziergang durch Weißensee solltest du einen guten halben Tag einplanen.

Von der Haltstelle Michelangelostraße laufen wir quer durch die Wohnblocks an einem Spielplatz vorbei bis zur Puccinistraße, wir sind im Komponistenviertel Weißensees angekommen, die Straßen tragen die Namen bekannter Komponisten. Die Puccinistraße führt uns dann direkt zum Haupteingang des Jüdischen Friedhofs Weißensee – ein Highlight zum Start unseres Spaziergangs.

Der Friedhof ist nicht nur der größte in Berlin, der jüdische Friedhof Weißensee ist auch einer der größten und schönsten jüdischen Friedhöfe Europas. Zahlreiche Berliner Persönlichkeiten wurden hier beigesetzt. Du ziehst deine Wege zwischen alten Gräbern, Familiengrabmalen, teils schon verfallen und eingestürzt oder vollständig mit Moos überzogen. Selten ist ein Friedhofsbesuch so entspannt wie hier. Eine Kopfbedeckung ist für den Besuch des Friedhofs erforderlich, du kannst am Eingang rechts vor dem Blumenladen eine Kippa leihen. Geöffnet ist der Friedhof täglich außer an jüdischen Feiertagen und samstags, dem jüdischen Schabbat.

Nachdem wir uns im idyllischen Grün des Friedhofs etwas Zeit gelassen haben, erkunden wir nun das Komponistenviertel. Entstanden ist es im späten 19. Jahrhundert in seiner damals typischen Bauweise mit schmucken Fassaden und von Bäumen gesäumten Nebenstraßen. Ursprünglich war es noch das französische Wohnviertel, das nach dem Krieg 1870/1871 entstand. Lass dich treiben entlang von Smetanastraße und Gounodstraße, durch Bizetstraße oder Rossinistraße. Empfehlen möchte ich dir auch Konnopke‘s Diner in der Mahlerstraße, wenn du auf die berühmte Berliner Currywurst schwörst.

Wir überqueren nun die belebte Bundesstraße vor uns nach links und gelangen zum Antonplatz. Bis heute ist hier das alte Kino Toni in Betrieb – im Jahr 1919 entstand hier ein erstes Wohnhaus mit Lichtspieltheater, dort gab es 1929 erstmals Tonfilme zu sehen. Wahrscheinlich ist das Kino nur bis heute erhalten geblieben, weil es Regisseur Michael Verhoeven, Ehemann der Schauspielerin Senta Berger, für sich erworben hat.

Praktisch alle Straßen führen hier Richtung Mirbachplatz, auf dem sich die Bethanienkirche auf einer kleinen Anhöhe erhebt. Kaiserin Auguste Victoria trug maßgeblich zur Finanzierung bei, um die Kirche zu bauen – in neuerer Zeit mangelte es leider an großzügigen Sponsoren, so dass die Kirche erst jetzt eingerüstet ist und wieder hergerichtet werden kann. Deshalb kann ich dir leider kein Foto von meinem Spaziergang durch Weißensee bieten. Bis heute ist die Kirche Mittelpunkt von sechs, strahlenförmig auf die Kirche zulaufenden Straßen.

Wir folgen nun aber der Langhansstraße links vom Kino Toni und lassen schöne Weißenseer Fassaden und kleine Geschäfte auf uns wirken. Rechts sehen wir auf einmal eine Art urbanen Industriekomplex, die alte Fischräucherei. Sobald wir an ihm vorbei gegangen sind, biegen wir rechts in die Behaimstraße ein, hier erwartet uns eine Tasse Kaffee oder ein kleiner Mittagsimbiss bei Babuschka in der alten Fischräucherei – übrigens direkt gegenüber der St. Josef-Kirche. Sehr empfehlenswertes Café übrigens!

Wir folgen nun der Behaimstraße bis zum Mirbachplatz und können der Bethanienkirche noch einen kleinen Besuch abstatten, von dort geht es weiter gegenüber in die Schönstraße bis wir rechts den Werner-Klemke-Park sehen. Dort wartet ein kleiner Weiher auf uns für eine Pause oder zu späterer Uhrzeit auch Luises Biergarten. Am Biergarten vorbei überqueren wir die Straße und laufen schräg links direkt auf den Weißensee zu. Dort bietet gleich das Milchhäuschen einen Ort zur Einkehr.

Der Weißensee ist fast 100 Meter tief, er wird von unterirdischen Quellen gespeist und ist bekannt für seinen Fischreichtum. Der Blick über den See zeigt gegenüber das bekannte gleichnamige Strandbad Weißensee, das sich für einen Besuch im Sommer wirklich lohnt. Wir umrunden nun den See links herum an der bekannten Freilichtbühne Weißensee vorbei bis kurz dahinter ein kleiner Fußweg links weg vom See hinauf führt. Wir überqueren die große Kreuzung und rechts von uns liegt nun ein architektonisches Highlight von Weißensee.

Uns erwartet die sogenannte Bruno-Taut-Siedlung, sie fällt durch ihre bunten Fassaden und durch ein durchdachtes Wohnkonzept auf. Der Architekt Bruno Taut hat die Siedlung in der Mitte der 1920er entworfen, die Gebäude sind schlicht, Taut ließ nur wenig Schmuck zu, dafür komponierte er eine wahre Farbenpracht auf die Wände: blau, rostrot und cremeweiß. Zum Hof hin siehst du weiße und blaue Balkone. Papageiensiedlung wäre der treffende Name, so heißt aber schon eine Siedlung von Bruno Taut in Berlin-Zehlendorf. Auf jeden Fall solltest du einen Blick in die Trierer Straße werfen.

Hier endet unser Spaziergang durch Weißensee, du kannst dich von hier aus noch weiter treiben lassen oder die Tram direkt zurück nach Mitte zum Alexanderplatz nehmen.

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