Mit dieser Tour möchte ich dich zu einigen Ecken Berlins führen, an denen die frühere Berliner Mauer entweder noch sichtbar oder wenigstens spürbar ist. Diese Tour kann natürlich nicht umfassend sein – ich wähle nur einige wichtige oder interessante Punkte aus, die ich empfehlen möchte. Wer noch mehr wissen möchte, empfehle ich meinen Artikel zu 30 Jahren Fall der Mauer. Auf jeden Fall lohnt es, denso genannten Mauerweg mit dem Rad abzufahren.

Für die Tour durch die Mitte Berlins solltest du mindestens einen Tag einplanen. Im letzten Abschnitt hänge ich noch zwei Tourtipps an, die du am besten gesondert aufsuchst, da sie etwas außerhalb Berlins liegen, eben an der ehemaligen Grenze 😉

Wir starten mit unserer Tour im Mauerpark zwischen Wedding (früher West-Berlin) und Prenzlauer Berg (früher Ost-Berlin). Du erreichst den Mauerpark am besten mit der U2 bis Eberswalder Straße. Diese einmalige Mauer-Parkanlage ist entstanden, weil hier der frühere Todesstreifen an der Mauer zu einer Grünfläche wurde und bis heute erhalten ist. Wenn du von der U-Bahn kommend in die Oderberger Straße einbiegst (Schau mal bei VEB Orange rein, passt zum Thema ;-)), läufst du direkt auf den Mauerpark zu – früher wärst du hier direkt auf die Mauer am Ende der Straße zugelaufen.

Im Mauerpark siehst du noch einen Teil der so genannten Hinterlandmauer, die noch heute den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark vom Mauerpark abgrenzt. Du folgst dem Mauerverlauf und dem Weg durch den Park eine gute halbe Stunde und kommst an den historischen Ort des 9. November 1989: Die Bösebrücke wurde weltberühmt, denn hier öffnete sich der erste Schlagbaum am Abend des 9. November 1989, wenige Stunden nach der historischen Pressekonferenz, auf der Günter Schabowski die berühmten Worte „sofort, unverzüglich“ sprach und tausende Ost-Berliner zu den Grenzübergängen stürmten. Neben der Brücke steht heute ein Supermarkt auf dem Gelände des ehemaligen Grenzübergangs. Ein Teil des Daches hat noch lange überdauert.

Mit der S-Bahn fahren wir ab Bornholmer Straße bis zum Nordbahnhof. Du befindest dich hier auf einer alten S-Bahn-Linie, die früher zwei westliche Sektoren verband und unter dem Gebiet Ost-Berlins hindurchführte. Dort gab es viele so genannte Geisterbahnhöfe: verschlossen und von oben kaum noch sichtbar, unten fuhren nur West-Berliner, im Schritt-Tempo und auf den Bahnsteigen überwacht durch Grenzpolizisten der DDR. Im Nordbahnhof sehen wir eine Ausstellung zu diesen Geisterbahnhöfen.

Danach biegen wir in die Bernauer Straße ein und können der Gedenkstätte Bernauer Straße einen Besuch abstatten – immer wieder empfehlenswert! Hier arbeitet Dorli Gissler, die damals als DDR-Bürgerin den Fall der Mauer miterlebt hat.

Es ist einem Pfarrer zu verdanken, dass es diese Gedenkstätte heute überhaupt gibt: Als die Bagger anrückten, hat er sie mit bloßen Händen gestoppt und damit einen Teil der Mauer gerettet: Diesen Teil der Mauer, der heute erklärt, wie damals die Grenze ausgesehen hat. Manfred Fischer war Pfarrer in der Versöhnungsgemeinde, einst stand hier im Todesstreifen die Versöhnungskirche. Sie wurde gesprengt, um Platz für den Todesstreifen zu schaffen. Im Gemeindehaus ist heute die Gedenkstätte Bernauer Straße untergebracht.

In der Bernauer Straße gab es zahlreiche Fluchtversuche durch unterirdische Tunnel, die mühevoll unter dem Todesstreifen gegraben wurden. Die Berliner Unterwelten e.V. informieren über diese Epoche der Geschichte.

Vom Nordbahnhof aus nehmen wir den M10 oder laufen (ca. 20 Minuten) in die Chausseestraße, hier hat es früher auch einen großen Grenzübergang gegeben. Ich möchte dein Augenmerk auf den Französischen Friedhof um die Ecke lenken, hier durchzog die Mauer auf wilde Weise viele Gräber auch Prominenter wie Theodor Fontane. Und an der Ecke Liesenstraße ist (noch) ein Kunstwerk zu sehen: Kaninchen sind hier in den Asphalt eingelassen und erinnern an die einzigen „legalen“ Bewohner des Todesstreifens.

Am U-Bahnhof Schwartzkopfstraße biegen wir in die Ida-von-Arnim-Straße ein und folgen ihr bis zum Ende. Schräg gegenüber geht es in die Kieler Straße zur Gedenkstätte Günter Litfin. Sie befindet sich in einem alten Grenzturm, den der Bruder Litfins zu diesem Zweck vorm Abriss gerettet hat. Günter Litfin war eines der ersten Todesopfer der Mauer 1961.

Du kannst den Grenzturm besuchen, solltest dich vorher aber unbedingt über die Öffnungszeiten informieren. Der Turm ist einer von drei in Berlin noch erhaltenen Grenztürme. Einen weiteren Turm dieser Art, der allerdings nicht geöffnet ist, findet sich am Flutgraben zwischen Kreuzberg und Treptow.

Von der Gedenkstätte Günter Litfin laufen wir die Scharnhorststraße hinunter Richtung Hauptbahnhof und Regierungsviertel. Hier ist das Band des Bundes entstanden – es verbindet ehemals Ost-Berlin mit dem damaligen Westen, durchaus also auch symbolisch der Wunsch nach Deutscher Einheit. Im Regierungsviertel kann ich dir das Parlament der Bäume empfehlen, mit noch einem kleinen erhaltenen Mauerstück – sehenswert!
Das Reichstagsgebäude lag früher im Westen – lediglich der Balkon auf der Ostseite ragte in das DDR-Gebiet hinein. Wir statten als nächstes dem Symbol der Teilung und der Wiedervereinigung einen Besuch ab: dem Brandenburger Tor.

Vom Brandenburger Tor aus folgen wir der Ebertstraße Richtung Potsdamer Platz. Im Boden sehen wir den bekannten „Fußabdruck“ der damaligen Berliner Mauer, ein kleiner Streifen durchzieht die Straße und zeigt, wo das Bauwerk früher gestanden hat. Rechts von der Ebertstraße liegt der Tiergarten, links finden sich heute viele Landesvertretungen verschiedener Bundesländer in Berlin. Ich kann mich noch gut erinnern, wie hier 1990 grüne Wiese war – der ehemalige Todesstreifen war leer und nicht bebaut, vom Potsdamer Platz sind wir quer über die Wiese zum Brandenburger Tor gelaufen,

Unser Ziel ist aber ein kleiner Wachturm aus DDR-Zeiten in der Erna-Berger-Straße, etwas südlich vom Potsdamer Platz. Ein kurzer Besuch und Foto-Zwischenstopp. Etwas weiter biegen wir dann in die Niederkirchner Straße links ein – neben dem Gropiusbau am Rand der Topographie des Terrors steht ein weiteres noch erhaltenes Stück der Berliner Mauer.

Wir folgen der Niederkirchener Straße entlang der Mauer und kommen zum touristischen Höhepunkt dieser Tour: zum Checkpoint Charlie. Aber eigentlich auch wieder nicht, denn vom Checkpoint ist heute nichts mehr zu sehen. Ich kann dir aber das Asisi-Panorama zur Mauer empfehlen oder auch das Mauermuseum, beides lohnenswerte Ziele. Wir folgen nun der Friedrichstraße gen Norden bis zum S-Bahnhof Friedrichstraße.

Der Bahnhof Friedrichstraße war bis 1989 der letzte Bahnhof im Osten Berlins. Von hier aus starteten die Bahnen in den Westen – oder Besucher aus dem Westen kamen hier an. Eine Mauer durchzog die Gleise, niemand sollte rüberschauen können. Durch ein Labyrinth von Gängen im Bahnhof – verbunden mit vielen Kontrollen – gelangten alle Reisende in eine Abfertigungshalle, die die Berliner den „Tränenpalast“ getauft haben. Die kostenlose Ausstellung „Grenzerfahrungen“ möchte ich dir hier sehr ans Herz legen,

Mit der S-Bahn geht unsere Tour nun weiter Richtung Warschauer Straße. Hier befindet sich das längste noch erhaltene Stück der Mauer – heute die East Side Gallery. Leider zerstören immer weitere Neubauten den Blick entlang der Mauer, das ursprüngliche Bild des Todesstreifens an der Spree ist immer mehr verloren gegangen. Hier an der S-Bahn siehst du auch die Oberbaumbrücke, die über viele Jahre in der Zeit der Teilung Berlins ein Schlummerdasein fristete, verband sie doch Kreuzberg im Westen mit Friedrichshain im Osten. In den Türmen der Brücke wachten die Grenzer immer schussbereit über Fluchtversuche durch die Spree.

Wir folgen der East-Side-Gallery entlang der Spree bis zum Yaam und biegen dort links in den Engeldamm ein, wir folgen gewissermaßen der Mauer. Zwischen Engeldamm und Bethaniendamm findet sich Osman Kalins Garten – eine Kurioisität an der Mauer und der Grenze bis heute. Halt einfach Ausschau nach der St.-Thomas-Kirche – du läufst direkt auf die Kirche zu und davor findet sich der kleine Garten.

Das waren nun einige ausgewählte Tipps rund um die Berliner Mauer, die sich durchaus an einem Tag besuchen lassen. Wenn du Berlin schon besser kennst und Neues entdecken willst, dann empfehle ich dir einen Besuch der alten Grenzübergangsstelle Dreilinden und eine Wanderung über die alte Autobahn – heute eine Wiese, nur die Brücken sind noch erhalten. Und wenn du schon im Westen Berlins unterwegs bist, lohnt natürlich auch ein Besuch der Glienicker Brücke – sie erinnert an alte Agentenfilme.

Menschen, die aus dem Osten flohen, die Mauer oder vorher die Grenze überwunden haben, landeten früher oder später im Notaufnahmelager Marienfelde. Auch hier lohnt ein Besuch, eine spannende Ausstellung informiert über Schicksale und Geschichten der Flucht.

Einen Tipp habe ich noch für Naturliebhaber: Ganz im Norden Berlins findet sich einer der drei noch erhaltenen Grenztürme – heute als Naturschutzturm. Du siehst, wie West und Ost im wahrsten Sinne des Wortes zusammengewachsen sind und wie grün der Todesstreifen heute ist. Du erreichst ihn mit der S-Bahn und fährst bis Frohnau, von dort ist es aber noch ein gutes Stück zu Fuß in den Wald hinein.

Der Besuch der Mauer, ihrer Reste, die Ausstellungen über die Zeit der Teilung Berlins – sie alle können sicherlich nicht wiedergeben, wie die Menschen in Ost und West die Mauer und die grausame Teilung wirklich erlebt haben. Aber diese Tour kann eine Spurensuche sein und sie erinnert an Schicksale, die wir nicht vergessen sollten. Die Berliner Band Pankow hat ihre Gedanken musikalisch zum Thema gemacht. Zum Abschluss noch dieses kleine Video:

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